5. Handloten

Am 2. Februar Dampf auf, Segel fest und am 3. Febr. Nachmittags Land in Sicht. Nachts 12 Uhr ankerten wir am Eingang zur Magelhaensstraße bei Kap Virginia. Am 4. Febr. Morgens 4 Uhr Anker auf um Abends in einer Bai (Greorg Bai) vor Anker zu gehen. Am 5. Febr. früh 4 1/2 Uhr Anker auf und Vormittags 11 Uhr bei Punta Arenos zu ankern. Zur Zeit war dieser Ort der einzigste in der Magelhaensstraße , nur eine kleine Kolonie von ein paar Häuser, von Europäern bewohnt. Ein französisches Kriegsschiff lag ebenfalls hier vor Anker. Kohlen woran wir Mangel litten, waren hier keine zu haben. Abends 8 Uhr desselben Tages ging es wieder Anker auf und bei Mondschein setzten wir die Reise fort. Das Handloth wurde fleißig benutzt um die Tiefe zu messen Am 6. Febr. Morgens ankerten wir in einer von hohen Bergen umgebenen Bucht, an deren Fuße sich der reine Urwald bis ans Wasser befand. Eingeborene haben wir nie zu sehen bekommen. Da unser Kohlenvorrat nur noch für den Nothfall reichte, griff der Kaptän zu einem anderen Brennstoff, Holz genannt. Die großen Boote wurden zu Wasser gelassen, eine Wache mit Sägen und Aexten, so viel wie an Bord vorhanden waren, ausgerüstet und an Land gesetzt. Hier begann nun ein Holzfällen, und Holz war genug da, von den dicken Bäumen wurden die starken Äste abgesägt, der Stamm blieb stehen, nur schwächere Bäume bis zu 15 Cmtr. Durchmesser wurden umgelegt. Während ein Theil fällte, schaffte der andere Theil das Holz an den Strand und in die Dampfpinaß , schleppte es längsseits des Bismark, wo die an Bord befindliche Wache es übernahm und und es kesselgerecht schnitt und spaltete. Wir befanden uns im Smyth Kanal, wir waren aus der Magelhaenstr in den nach Norden zu gehenden Smythkanal gefahren. Kein künstlicher, sondern ein Fahrwasser zwischen hohen Felseninseln das sich am Südwestende Südamerika, hinzieht. Hatten wir, obschon es hier Sommerzeit war, bis jetzt kühles und trocken Wetter gehabt, fing es an Tag und Nacht zu regnen, was auch bis zum 13. Februar anhielt. Wir hatten bald kein Stück trocken Zeug im Kleidersack und Gelegenheit zum Trocknen war schlecht vorhanden, ein bestimmter Anzug wurde nicht mehr befohlen, jeder zog an, was er für das Trockenste hielt, so daß wir in Betreff des Anzugs eine gar bunte Gesellschaft bildeten. Ölzeug gab es bei uns nicht. In dieser Bucht war ja (Barja Bay) waren an den Felsen allerlei Namen von deutschen Kriegsschiffen, wie Elisabeth, Vineta, Garzette und Prinz Adalbert, mit großen dicken Buchstaben angemalt, dieselben hatten schon früher hier geankert, auch unser Schiffsname wurde verewigt. In diesen nassen Tagen gab es pro Tag mehrere Mal einen Rum. Am 7. Febr. Morgens Boote einsetzen und Anker lichten um Abends in einer anderen Bucht (Shurukka Bai) wieder zu ankern. Da hier in diesen Straßen zwischen den Inseln eine starkeströmung geht und wir auch nur ungenügend Dampf halten konnten, so liefen wir nur mäßige Fahrt. Die meisten dieser Buchten haben meist eine trichterartige Form, mit zum Himmel ragenden Bergen, deren Fuß bis ans Wasser geht, so daß in einer Bucht ein richtiger Wirbelwind herrscht, so daß man mit mehreren Ankern ankert. Am 8. Febr. trotz strömenden Regens Holz gefällt, da hier Frischwasser zu haben war aus einem Gebirgsbach, wurden auch unsere Wassertanks aufgefüllt. Bemerken will ich noch, daß man mit dem Verwandeln oder Kondensen von Salzwasser in Frischwasser noch nicht auf der Höhe war. Am 9. Febr. Morgens 6 Uhr Anker lichten und kamen spät

Abends unter fortwährendem Lothen in den Sarmieata-Kanal, welche Straße ziemlich enger ist als Magelhaen- und Smythkanal, aber ebenso wildromantisch von wilden Bergen, mit Urwald bedeckt, an beiden Seiten umsäumt. Ansiedlungen von Eingeborenen waren nirgends zu sehen, auch von keinen Europäern. Am 10. Febr. Morgens 5 1/2 Uhr, wir liefen der Strömung entgegen, so 4-5 Seemeilen, gab es plötzlich einen Stoß, welches das Schiff erschütterte, wir saßen fest und das bei halber Ebbe, was noch ein Glück für uns sein sollte. Trotzdem die Maschine sofort rückwärts schlug, war an ein Abkommen nicht zu denken. Funken und Telegraph, sowie Schlepper gab es zu der Zeit hier unten nicht, um Hilfe zu leisten, wir waren nun auf uns selbst angewiesen. Wir lagen an der rechten Seite des Kanals, der Platz soll Puerto Burno heißen, das erste war, um, ehe vollständige Ebbe eintrat, das Schiff abzustützen, damit es sich nicht auf die Seite legte. Zu diesem Zweck wurden schwere Troßen, welche durch Blöcke, die am Topp (Sptize) der Untermasten befestigt wurden, liefen, das eine Ende wurde an der Landseite an starken Bäumen fest gemacht, das andere Ende welches sich an Bord befand wurde dann steif gehievt. Ebenso verfuhr man nach der Wasserseite, nur mit dem Unterschied, daß man hier mit Hilfe der großen Boote unsere schweren Anker, woran das Tau befestigt war ein Stück vom Schiff ab versenkte und die Troße ebenfalls steif holte. Senkrecht zum Schiff wurden außenbords alle verfügbaren Reservebäume als Stütze angebracht, da steiniger Grund war. Als vollständige Ebbe eintrat, konnten wir bis mittschiffs trocken Fußes an Land gehen, nur der Hintertheil lag im Wasser. Die nächste Arbeit war die, daß wir sämtliche schwere Theile als da sind die Geschütze und was sonst in den vorderen Räumen lagert, nach dem Achterdeck zu schaffen, um das Vorderschiff zu erleichtem. Und der Himmel sparte nicht mit seinem Segen dazu, Regen und Kälte, aber ich muß sagen, daß der Humor die Leute nicht verließ, es gab ja auch oft einen hinter die Binde. Mittags 2 ~ Uhr war Hochwasser. Alle Mann mußten achteraus auf einer Seite antreten. Nun wurde nach Kommando von 300 Mann in ganz kurzen Zwischenpausen, von einer Seite des Schiffes auf die andere hin und her gerannt, um das Schiff in eine schlingernde Bewegung zu versetzen, was auch gelang in Zeit von vielleicht 10 Minuten. Dann ertönte das Kommando "Los", sämtliche Troßen wurden losgeworfen, die Maschine schlug rückwärts und unser Schiff glitt glücklich, ohne an seinem Rumpf Schaden genommen zu haben ins tiefere Wasser und war flott. Aber ein Malheur passierte uns, was uns noch 3 Tage an diesem Ort fest hielt. Die achterste Troße nach Land hatte man nicht rechtzeitig los bekommen und war gerissen, der Theil nach Land zu war in die Schraube gekommen, wo es sich fest zwischen Schrauben und Steefen herumdrehte und so die Maschine stoppte. Wir gingen zu Anker und da sich unterm Maschinenpersonal etliche gelernte Taucher befanden, gingen dieselben dabei die Troße zu entfernen, was erst am 13. Febr. vollständig gelang. Während der Zeit daß wir hier lagen, wurde das Schiff wieder in Ordnung gebracht, alle Tage bei regnerischem kalten Wetter Holz von Land geholt, so daß wir einen tüchtigen Vorrath im Kesselraum und auf Deck liegen hatten, es war dieses Holzholen das letzte Mal, schade daß es Alle war, denn wir hatten als Seeleute uns schon so ziemlich als Holzfäller ausgebildet und da sage man, es gäbe keine See-Romantik, welche wir späterhin noch oft erleben sollten.

6. Valparaiso, Geld "schaufeln"

Erwähnen will ich noch, daß eines Tages 30 Mann, worunter ich mich mit befand,

an Land gebracht wurden, um Geld zu holen. Jeder hatte zwei Beutel mit. Auf der

Bank angekommen wurden wir in einen großen, einfach gehaltenen Raum geführt.

An den Wänden standen Regale, in welchen Papiergeld lag, an den Tischen

dahinter standen eine ganze Anzahl Herren, welche Scheine zählten, wir wollten

aber Silbergeld haben und dieses ging so vor sich. Zwei Mann mußten, was sie in

den Taschen hatten ablegen und die Schuhe aus ziehen und ein Paar Filzschuhe

anziehen. Zwei Beamte gingen nun mit diesen zwei Leuten eine lange Treppe tief in

ein großes Gewölbe oder auch Keller. In diesem befanden sich allerlei schwere

Thüren mit Eisen beschlagen. Es wurde nun eine Thür aufgeschlossen und in dem

vielleicht 3 Mtr. Quadraht haltem Raume befanden sich, der Thür gegenüber zwei

von Holz gemachten Abtheilungen, jede vielleicht 1 1/2 - 2 Kubikmtr.Silber-Dollars

fassend. Mit einer Holzschaufel füllte der eine Beamte die Dollars in die Beutel und

wog dieselben. Ich weiß nicht mehr genau das Gewicht, es konnten 10-15 Pfund in

einem Beutel sein. Ein Beamter brachte die zwei wieder nach oben und nahm zwei

andere mit. Oben angekommen wurden die Beutel nochmals gewogen und

zugeschnürt. Die beiden Leute wurden visitiert und zogen ihre Schuhe wieder an.

Als Alles fertig, wurden wir durch ein Polizeikommando nach dem Landungsplatz

begleitet und wir führen an Bord zurück.



7. Tiefseeloten

Am 5. März Morgens 10 Uhr wurde beigedreht, die beiden Kutter zu Wasser gefiert. Wir wollten die Meerestiefe messen und den Grund, konnten jedoch auf 4000 Mtr. keinen Grund bekommen, beim Aufholen gingen etwa 2000 Mtr. Leine verloren, wir hatten aber noch viele tausende Mtr. Lotleine, so wie auch Lotdraht zu späterer Verwendung an Bord. Dieses Loten geht so vor sich: an das Ende der Leine werden Instrumente, wie Thermometer, und ein vielleicht 30 - 40 Pfund schweres Bleilot befestigt. Letzteres ist 60 - 70 Cmtr. lang, am unteren Ende etwas 80 mm dick. Da befindet sich eine Aushöhlung, welche mit Talg ausgefüllt ist, fast das Lot Grund, es hängt zuunterst, so kann man nachher sehen ob derselbe aus Schlick oder Sand verschiedener Farbe besteht. Um ein schnelles Sinken zu bewerkstelligen, kommen noch eine Anzahl alter Kanonenkugel an die Leine, wo sie mit einer Vorrichtung versehen sind, sich selbst auszulösen, wenn dieselben auf Grund stoßen, andernfalls reißt die Leine, da das Gewicht zu groß ist für das Aufholen. Am 7. März Morgens 8 Uhr Dampf auf, Segel fest, abermals lothen ohne Grund zu finden, keine Leine verloren. Mittags 1 Uhr Schraube hoch, Segel setzen. Am 10. März Mittags 3 1/2 Uhr Dampf auf, Segel fest. Auf 4000 Mtr. gelothet, keinen Grund, keine Leine verloren; danach Schraube hoch, Segel setzen. Am 12. März dasselbe Mannöver, keinen Grund. Am 14. März Morgens 7 Uhr wieder lothen, wobei die Leine riß, Instrumente und Kugeln verloren. Am 22. März wurde Kaisers Geburtstag in sonntagähnlicher Weise gefeiert, getanzt und viel Grog getrunken. Am 26. März Dampf auf, Segel fest, wir lotheten jetzt stets von Bord aus. 3200 Mtr. Tiefe, Grund bestand aus Schlick. Abends 7 Uhr Schraube lüften, Segel setzen. Wir hatten bis jetzt immer schönes Wetter bei mäßig starken Winde.

8. Raietea

Am 10. April bekamen wir an Backbordseite Land in Sicht und am 12. April Morgens wurde bei der Insel Raietea zu Anker gegangen, dieselbe gehört zu der Gruppe Gesellschaftsinseln. Hier lag ein französischer Kriegsschoner, da diese Inseln unter franz. Protektorat stehen, auch sind hier franz. katholische Missionare. Kaum zu Anker, waren wir auch von einer großen Anzahl Eingeborner in ihren Kanus, umschwärmt, welche uns ihre heimischen Früchte zu Kauf und Tausch anboten. Die Eingebomen sind von hellbrauner Farbe und nur leicht bekleidet, bei beiden Geschlechtern ist Oberkörper und Beine unbekleidet, nur ein Lendenschurz von Zeug oder Palmblättern verfertigt. Manche Frauen hatten auch ein Stück Zeug, in welches in der Mitte ein Loch geschnitten ist um den Kopf durch zu stecken, über Brust und Rücken lose hängen. Alle haben einen eigentümlichen Geruch an sich, was wohl von dem Kokosoel kommt, womit sie sich einreiben, dann glänzen sie, wie lakirt. Ein paar Tage darauf besuchte uns der König von Raietea mit mehreren seiner Häuptlingen, da er wie seine Unterthanen gekleidet geht, konnte man ihn, als er an Bord kam, nicht gleich erkennen, er hatte ein ehrwürdiges Aussehen. Unser Kaptän hatte ihm eine Uniform geschenkt, von Schuhen mochte er aber wohl nicht viel wissen wollen, denn als er mit dem Kaptän durch das Batteriedeck ging, verlor er einen und ließ ihn ruhig liegen, ein komischer Anblick. Am 13. April war Ostersonntag, und wir freuten uns Alle auf Urlaub an Land. gegen 10 Uhr kamen zwei katholische Missionäre in einem Boot, von Eingebomen gerudert, an Bord und wünschten den Kaptän zu sprechen, welcher dieselben in seiner Kajüte empfing. Als sie nach einer halben Stunde wieder weg waren, ließ der Kaptän "Alle Mann achteraus" pfeifen um uns folgendes zu sagen: Soeben waren zwei Missionäre bei mir und haben mich gebeten, Euch keinen Urlaub an Land zu geben, da ihr womöglich durch ungebührliches Betragen den Eingeborenen ein schlechtes Beispiel geben könntet, da dieselben noch nicht ganz fest im christlichen Glauben wären, das eine habe ich erreicht, daß ich nur die erste Urlaubsklasse, welche gut 70 Mann stark ist, auf Urlaub an Land schicke, jedoch kein Geld mitgäbe, ich werde dafür sorgen daß Ihr bei Gelegenheit, Euer Recht bekommt. In diesem Sinne war die Rede gehalten. Die Mannschaft wünschte diesen Herren Missionären, sie möchten, nicht etwa in den Himmel, sondern anderswohin kommen. Am 2ten Osterfeiertag bekam .die erste Urlaubsklasse, zu der ich mit gehörte Urlaub an Land, Geld gab es nicht. Auch hat sich keiner betrunken, es war nur eine Schenke am Platz, ein Gläschen Rum nach deutschen Gelde 50 Pfg. Die Flasche Exportbier 2 Mark. Wollte man mit den Eingebomen etwas handeln, so hieß es nur one Dollar oder two Dollars, sie schienen kein ander Geld zu kennen. Die Meisten von uns hatten sich mit Tauschmittel versehen als da sind alte Messer, bunte Taschentücher, Stücken Seife, Spielmarken und drgl. mehr, dafür gab es mehr, als wenn man Geld bot. Daß die Südseeinseln mit die prächtigsten Gegenden der Erde sind, darüber ist ja schon viel geschrieben worden, auch ein schöner Menschenschlag ist vorhanden. Wilde Thiere oder giftige Schlangen giebt es nicht. Liegt man zu Anker und es herrscht Seewind, so ist die heiße Luft noch erträglich, bei Landwind ist es nicht angenehm, er bringt auch allerlei Düfte mit sich.

9. Königsfamilie zu Besuch

Am 16. April gab unser Kapitän dem Könige nebst Familie und allen Eingeborenen des Dorfes, wo er wohnt ein Bordfest. Im Laufe des Vormittags wurde an Bord alles zu Empfang dieser braunen Gäste zurecht gemacht, die großen Boote wurden ausgesetzt um sie von Land zu holen. Nach dem Mittagessen blieben die Steuerbordtische untern, da wurden Schüsseln mit Brot und Fleisch daraufgestellt, und das beste stand zwischen den Tischen, 30 Baljen, je 40-50 Liter haltend, kalten guten Grog. Nach 2 Uhr fuhren unsere Boote mehrere mal an Land um über 1000 Gäste, in der Mehrzahl weiblichen Geschlechts, an Bord zu holen.Alle hatten sich festlich geschmückt, denn von anziehen war nicht viel zu sehen. Die Körper glänzten von Kokosöl, das weibliche Geschlecht mit Blumen im Haar und den Oberkörper mit Ranken umwunden, es war ein schöner Anblick, welcher sich schlecht beschreiben läßt. Als ihre erste Scheu überwunden war, zeigten sie uns auf dem Achterdeck ihre Kriegs-Toten- und Liebestänze mit ihren Gesängen dazu, welche letztere wir allerdings nicht verstanden, nur die Mienen ihrer Gesichter ließen es uns errathen. Unsere Photographen haben da allerlei schöne Aufnahmen gemacht. Die Backschatten, welche als Kellner fungirten, schenkten den Gästen in kleinen Trinkgefäßen fleißig Grog ein und wie es sich ja gehört, aus Galanterie dem weiblichen Geschlecht am meisten, so daß bald eine vertrauliche Lustigkeit sich Bahn brach. Als Abends nach 6 Uhr die Eingeborenen wieder an Land gebracht wurden, mußten gar viele Männer und Frauen, welche sich einen guten Schwipps geholt hatten, von Matrosen ins Boot getragen werden, was stets allgemeine Heiterkeit erregte. Als Nachspiel des Festes hatten wir eine General Reinigung in allen Decken denn das Schiff roch von Kokosöl. Erst um 9 Uhr hatten wir Abendbrot und Feierabend. Von diesem Fest ist unter der Mannschaft noch lange gesprochen worden, hatte sich doch ein Jeder auf seine Art köstlich amüsirt. Am 26. April Morgens 8 Uhr Dampf auf und Anker lichten um Mittags 2 Uhr bei einer Insel (sie soll Guanahai oder Huehine heißen) vor Anker zu gehen. Am 27. April kam die Königin der Insel, eine Dame mittleren Alters und Wittwe an Bord, dem Kaptän einen Besuch abzustatten. Gegen Abend wurde durch uns an Land die deutsche Flagge im Beisein unsers Kaptäns, aufgezogen. An Bord wurde Salut geschossen und die Insel stand unter deutschem Schutz.

10. Apia auf der Insel Upolu

Am 19. Mai Nachmittags 5 Uhr unter Segel im Hafen von Apia zu Anker. Apia auf der Insel Upolu, Samoainseln. Hier lag die deutsche Glattdeckskorvette Ariadne, Kaptän z. See Werner, welche wir auf der Südseestation abzulösen hatten. Die Ariadne war von Holz gebaut und gab es zu der Zeit in allen Marinen noch viele hölzerne Auslandsschiffe. Außer der Ariadne war noch die Vineta, Hertha, Freya, Louise Niobe, Albatroß, Nautilus und andere von Holz. Wir begrüßten uns gegenseitig mit dreimaligen Hurrah. Da die Ariadne ihre Heimreise durch den Suezkanal antreten sollte, aber längere Zeit hier gelegen hatte, in Apia zu der Zeit auch kein Proviant von Belang zu haben war, wurde Ihr ein gut Theil von unserem Proviant abgegeben, worunter wir später schwer zu leiden hatten, da ja niemand voraus sehen konnte, daß wir gezwungen waren, hier längere Zeit liegen mußten als nöthig, denn die Bismark sollte die nächsten Tage nach Sydney gehen, aber es kam anders. Am 28. Mai lichtete Ariadne ihren Anker mit Heimathswimpel im Vortopp. Bei unserer Marine ist es Usus, wenn ein Schiff das andere ablöst, daß beim Verlassen des Hafens das abgelößte Schiff, also hier die Ariadne, ganz nahe an uns vorbeifährt, sobald die Schiffe parallel liegen, entern beide Mannschaften in die Wanten, ein dreimaliges, gegenseitiges Hurrah zum Abschied zurufend, bei dieser Gelegenheit warfen die Leute der Ariadne uns ihre alten Mützen an Bord, was wir wieder später bei dem uns ablösenden Schiffe thaten. Der Kniff liegt darin, das auf dem ablösenden Schiff die Mannschaft erst 1/2 Jahr dient, während auf dem abgelößten, die Leute im 3. Jahr dienen, und dann in der Heimath zur Entlassung kommen. Hier gab es fast jeden Abend wachweise umwechselnd Urlaub an Land. Apia hatte zu der Zeit, außer einem stattlichen Konsulsgebäude nur ein gutes Dutzend einstöckige Holzhäuser, in welchen die Inhaber, es waren Deutsche, Engländer und Amerikaner vertreten, außerdem Ausschank von Spiritousen, einen Handel von alltäglichen Gebrauchsgegenständen betrieben, alle 6 - 8 Wochen kam ein kleiner englischer Dampfer von Auckland (Neuseeland) welcher Post, Zeitungen und Waren mitbrachte. Außer das ab und zu ein Segelschiff erschien, welches Erzeugnisse der Inseln einnahmen, war das der ganze Verkehr damals. Auch gab es eine katholische größere Kapelle mit Thüren, wo eine kleine Glocke hing. An Land war Alles mächtig theuer, Flasche Exportbier 2 Mark, 1 Flasche Genever oder Brandy 1 /2-2 Mark. Man that am besten mit mehreren eine Flasche zu kaufen, da Gläserweise man schlecht weg kam. Ein Abendbrot, ein Teller Reis mit Curry und etwas Fisch 1 1/2 Mark. Mit den Eingebornen ließ sich ganz gut verkehren. Früchte konnte man billig und auch umsonst bekommen. Da die Kokosnüsse an den 6-10 Meter hohen Bäumen in der Krone hängen und der Stamm weiter keine Aeste hat, so ist es für einen Europäer fast unmöglich nach oben zu klettern, der Eingebome geht wie eine Katze nach oben, in dem er sich oberhalb der Knöchel ein Lastseil bindet, so daß es wie eine Zange fungirt, nämlich die Füße, es ist ähnlich wie bei den modernen Steigeisen Der alltägliche Dienst wurde nur unterbrochen daß wir etliche Mal Landungsmannöver machten. Wenn wir Abends oder Sonntags Nachmittags an Land Urlaub hatten, gab es immer intressantes zu sehen. Die Hütten der Eingebornen sind ziemlich kreisrund, bei 4-5 Meter Durchmesser, junge Kokosbäume liefern das Bauholz, welches unbehauen ist. Pfähle von 11/2-2 Mtr. werden in gewissen Abständen in den Boden gesteckt. Das Dach geht etwas spitz nach der Mitte zu, und mit Palmblättern gedeckt. An den Öffnungen der Wände, hängen zwischen je 2 Pfählen, von oben eine Matte, welche man, so wie Wind und Wetter sind, auf und zurollen kann. Auf dem Boden liegt eine Matte oder zwei als Bett, als Kopfkissen dient ein kleiner Holzbock 12 - 15 cmtr. hoch und etwa 30 ctmr. lang. Es ist ein rundes Stück Holz mit 4 Beinen. Als Herd ist ein Loch in der Erde wo Feuer angemacht wird, zwei platte Steine werden heiß gemacht, dazwischen legen sie in Palmblätter gehüllt, Fische, Bananen oder Yamswurzeln zum backen und das Loch wird dann mit Erde wieder zugedeckt, also eine Art Kochkiste. Yamswurzeln sind bis 2 Mtr. lange, arm- bis beindicke Wurzeln, welche längs in der Erde wachsen, inwendig weiß, mit einer schwarzen Haut überzogen, zum Gebrauch in kurze Stücke geschnitten, schmecken ungefähr wie eine mehlige Kartoffel, haben aber nicht deren Nährwerth. Zum Wasser holen gebrauchen sie leere Kokosnüsse 10-15 Stück in einem Bündel. Längs der Straße in Apia floß ein kleiner Bach und da konnte man stets Frauen und Mädchen nackt im Wasser kauernd, ihren Lendenschutz waschend, sehen, auf einen platten Steine schlagen sie das Zeug mit einem kleineren, wenn fertig, wird es wieder um den Leib gebunden und kann trocknen. Im Hafen ist es nicht gut baden, da derselbe oft von Haien aufgesucht wird, aber es befand sich in der Nähe ein Frischwasserteich, welcher durch einen kleinen Fluß gespeißt wurde. Wenn wir Abends an Land kamen zu baden, so wimmelte es gewöhnlich schon voll Eingeborenen beiderlei Geschlechts, Badehosen gab es bei ihnen, wie bei uns nicht, das reine Familienbad, aber man gewöhnt sich an vieles, Orgien sind nicht gefeiert worden, trotz der laxen Sitten der Eingeborenen. Am 11. Juni wurde die goldene Hochzeit unsers Kaisers gefeiert mit üblicher Bewirthung. Im Hafen lagen außer uns, die deutschen Segelschiffe Angostora, Alster und Etienne aus Hamburg, Charlotte aus Elsfleth, der englische Schoner Mazeegga und englische Dampfer "Südsee" aus Auckland, welcher Post gebracht hatte. Sämtliche Schiffe flaggten an diesem Tage über die Toppen und wir schossen 24 Schuß Salut. Nachmittags gab es ein Wettrudem der Boote, woran sich sämtliche Schiffe betheiligten.

11. Baden im Meer

Am 19. Juni kam die amerikanische Glattdeckskorvette "Lackawanna" sowie die Hamburger Bark "Wandrahm" in den Hafen. Die Mannschaft des Amerikaners badete Abends stets im Hafen und da wir, wenn wir an Land zum Baden fuhren, stets an ihm vorbei mußten, so riefen sie uns faule Witze zu, ob wir denn nicht schwimmen könnten und dergl. denn es befanden sich allerlei Deutsche, sogar einer, der bei uns in Montevideo desertirt war, an Bord des Amerikaners. Aber ihre Freude hatte bald ein Ende aus folgender Ursache. Ein Paar Tage später, wir hatten gerade Segelexerzieren, wurde vor unserm Schiffsbug ein großer Hai gesehen. Unser Bootsmann holte die Haiangel, ein Haken von 30 35 cmtr. Länge und fingerdicke Stärke, welcher mit einem tüchtigen Stück Fleisch als Köder versehen, an einem starken Tau, welches durch einen Block am Bugspiet lief, zu Wasser gelassen. Eine gute Viertelstunde mochte vergangen sein, als er auch schon festsaß. Wir holten ihn halb aus dem Wasser, drehte sich jedoch fortwährend in der Runde, wohl in dem Bestreben, das Tau abzudrehen, da aber der Haken am obem Ende eine Wirbel hat, so nutzt es ihm nichts. Doktor Kleffel gab im 2 Schuß ins Herz, es dauerte aber noch geraume Zeit, ehe er todt war und still hing. Ein Boot schleppte den Hai an den Strand, wo er zerstückelt und ins Wasser geworfen wurde. Er war 5 - 6 Mtr. lang, sein Gebiß mit Zähne besetzt, war geöffnet 25 - 30 cmtr. groß. Gebiß, Rückenwirbel und Schwanzfloße wurden präparirt. Von diesem Tage an badeten unsere furchtlosen Amerikaner ebenfalls an Land, da man Ihnen unsern Fang mitgetheilt hatte. An Land auf Urlaub haben wir uns stets gut vertragen, und da die Amerikaner besser bei Gelde waren, denn ihre Löhnung ist viel höher, haben sie manche Flasche Brandy ausgegeben.

12. Die Ruhr und deren Opfer

In den letzten Tagen des Juni begann bei uns an Bord eine Epidemie, Ruhr genannt, auszubrechen, sie begann mit Verstopfung und endigte in Durchfall. Als wir Anfang August die Reise nach Sydney antraten, hatten wir gegen 100 Mann Dienst unfähige Kranke, welche alle in der Vorbatterie in ihren Hängematten lagen. Es wurde Alles mögliche gethan diesem Uebel entgegen zu wirken, zum trinken gab es nur Kondenzwasser mit Citronensäure, hat aber einen warmen faden Geschmack. Bei jedem Mittagessen boten uns die Ärzte einen Löffel, in Büchsen eingekochten Sauerampfer an, der zog einem den Mund bis hinter die Ohren. Ich hatte das Glück, davon verschont geblieben zu sein. Fünf Kameraden liegen bei Apia beerdigt, welche diese Krankheit nicht überstanden hatten.

1.August: Bei uns auf dem Bismark sah es jetzt sehr schlimm aus, die Anzahl der Kranken hatte ihren Höhepunkt erreicht, "Albatroß" mit 120 Mann Besatzung konnte uns nicht gut Proviant abgeben, da er hier längere Zeit liegen sollte. Am 2. August starb an der Ruhr ein guter Freund und Kamerad von mir, wir hatten immer Backschaft, Fritz Pangke, ein Meklenburger, wurde bei Apia beerdigt. Am 10. August starb der Matrose Jacobs, ein Hamburger, an der Ruhr und wurde auf See beerdigt. Die Begräbnisfeier fand in folgender Weise statt. Es war Vormittags des anderen Tages, daß "Alle Mann" im Sonntagsanzug, mit Gebetbüchern auf dem Achterdeck antraten. Die Geschützmannschaft, zu welcher der Tote gehörte, ging ins Lazareth um die Leiche ans Fallreep zu bringen. Sein Sarg war ein Brett, worauf er lag und mit diesem in Segeltuch genäht, zu Füßen mit alten Eisenrosten beschwert. Die Schiffsglocke wurde angeschlagen wie zur Kirche. Die Leiche war mit der Flagge bedeckt und an der Gaffel halbstacks gezogen. Das Lied "Jesus meine Zuversicht" wurde mit Musikbegleitung gesungen, alsdann las ein Offizier aus einem Buche die Begräbnißrede und sprach den Segen. Ein Tau welches durch einen Block an der Großraa läuft, wurde festgemacht und die Leiche unter Absingung eines Chorals zu Wasser gefiert, das Tau abgezogen und der Tote, mit dem Fußende nach unten, versank in der Tiefe. Ein Vaterunser wurde gebetet und die Feier zu Ende

13. Verpflegung

Aber noch ein ander Uebel, machte sich schwer bemerkbar, unser Proviant ging auf die Neige, mußten aber hierbleiben, da Unruhen ausgebrochen waren, von der Insel Savaii, waren Eingeborne dabei gewesen, einen deutschen Schoner, welcher der Plantagengesellschaft gehörte, wegzunehmen und aus zu rauben; will jedoch mit dem Beschreiben unserer Lage nicht zurückbleiben. Unsere Bordration war kleiner geworden, Morgens und Abends nur 1 Biskuit, ab und zu gab es gekochten oder bebacknen Yams, sonst war an Land nichts zu haben, Kartoffeln laßen sich nicht anbauen, Fleischtiere giebt es auch nicht. Unser Salzfleisch ging ebenfalls auf die Neige und dieses gab es nur zu Erbsen und Bohnen, jedoch nur Sonntags und Donnerstag, die ändern Tage gab es nur Reis zu Mittag, da war noch genug, war aber leider schlecht geworden und stank, so daß man nur mit Gewalt ein paar Löffel voll runterwürgte, man hat ihn in Wein gekocht welchen die Offiziere hergaben, er war aber nicht zu genießen, schon der Geruch ekelte an, das meiste wurde über Bord geworfen. Zum Glück hatten wir noch gekochtes Fleisch in Büchsen, welches nicht im Reis, sondern für sich allein, aufgekocht wurde, so daß der Magen doch etwas bekam. Die im Hafen liegenden Handelsschiffe gaben von ihrem Proviant ab, soviel sie selbst entbehren konnten. Den Tag über war ein Ausguck oben im Mast, war ein Segel in Sicht, denn hier passieren sehr viele Schoner südwärts oder nord, so meldete er es an Deck, und unsere Dampfpinaß, welche stets bereit lag, fuhr hinaus und brachte auch verschiedene Male eine Kiste Hartbrod oder Konserven wieder zurück, aber was ist es unter so viele, auch in der Offiziersmesse, war Schmalhans was ist es unter so viele, auch in der Offiziersmesse, war Schmalhans Küchenmeister, in dieser Zeit bis Mitte August. Ende Juli kam der kleine Postdampfer von Auckland in Hafen, derselbe hatte 40 Kisten, je 100 Pfund Kartoffeln an Bord, die vom Kaptän erhandelt wurden, leider waren die meisten von der Wärme schlecht geworden, so daß wir dieselben aussuchen mußten, und es blieben nur noch 9 Kisten zum Gebrauch. Es sollte Labskaus geben, und von den paar Fäßer Fleisch welche noch da waren, war nur noch eines mit Rindfleisch vorhanden und zum Koch gebracht. Die halbe Mannschaft stand in der Batterie um sich dieses letzte Faß Rindfleisch anzusehen, der Koch schlug den .Deckel ein und man muß das gesehen und gerochen haben, ein Geruch

wurde bemerkbar und tausende von weißen Maden 30 - 40 mm lang krappelten aus dem Faß. Das Fleisch kam in den Kessel mit heißem Wasser, die Maden treiben nach oben und der Koch schöpft sie mit einem Siebe ab. Der Labskaus hat den ändern Tag prachtvoll geschmeckt. Maden in Fleisch, Brod oder Hülsenfrüchten, war im Seeleben nichts unbekanntes, hatte man Maden im Zwieback, so wurde er in heißen Tee oder Kaffee gesteckt, was dieselben nicht vertragen können, kommen an die Oberfläche, und mit dem Löffel schöpft man sie ab. In ganz frischen Brod kann es schon welche geben, da es wohl beim Packen in Kisten vorkommen kann, daß sich Fliegen vorher darauf gesetzt haben, schlimm ist es aber wenn es mulmig ist (Feuchtigkeit angezogen hat). Mehl war auch nicht genug vorhanden um frisch Brot zu backen. Durch öfter Wiegen der Mannschaft war festgestellt, daß Anfang August wir 12-16 Pfund abgenommen hatten, was für uns junge Leute, die wir keine Fettbäuche hatten, allerlei war. Dienst wurde nur der Allernöthigste gethan.

An einem Sonntag, wir hatten wieder recht böiges Wetter , und es war "Alle Mann Mittag" gepfiffen; es gab "Plumen und Klüten" und waren eben dabei dieselben zu verzehren, als die Backbordwache, zu der ich gehörte, an Deck gerufen um Bramsegel zu bergen, aber was nun, Schlingerleisten gab es an den Tischen nicht, den Eßnapf hinsetzen, er wäre vom Tisch auf Deck gerutscht, denn das Schiff schlingerte stark und da versuchte ein Jeder, so schnell wie möglich das Essen runterzuschlingen. Da wir also nicht gleich raufgingen, kam unser Feuerwerker und schimpfte: Verfluchte Bande! Wollt ihr wohl an Deck gehen. Zur Antwort wurde ihm ein Hurrah zugerufen. Dieses erregte den Feuerwerker derart, daß er dem zunächst stehenden Matrosen, den Napf aus der Hand riß und ins Gesicht stülpte. Dieses gab das Signal, daß alle in der Nähe sitzenden Leute unter Hurrah rufen ihre Näpfe mit Inhalt nach ihm warten, so daß er referierte, es war jedoch ein Theil der Wache nach oben gegangen, so daß weiter kein Schaden geschah. Der Kaptän, welcher davon gehört hatte, ließ die Backbordwache nach achter kommen, er gab eine Strafrede, und da ja auch das Batteriedeck beschmutzt worden war, mußte die Backbordwache zur Strafe 6 Tage lang jeden Abend während der Freizeit das Deck eine Stunde mit Sand und Steine scheuern; was aber den Humor keinen Abbruch that.

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