KAISERLICHE MARINE

Dienstbeginn in Wilhelmshaven

Paul Roesler
Paul Roesler

 

 

Paul Roesler wurde am 15.April 1860 in Jauer an der Katzbach, Schlesien geboren.

Freiwillig  trat er am 4. Februar 1878 für 4 Jahre in die Marine ein. Er wurde zur II. Matrosen Divisions, IV. Abteilung, 2. Kompanie eingeteilt. Am 2. Oktober 1880 wurde er zum Obermatrosen befördert.

Nach dem Ende seiner Dienstzeit fuhr er 4 Jahre auf Passagier - und Handelsschiffen rund um die Welt.

 

 

1. Meldung auf dem Bezirkskommando

Ein Jugendgespiele, unsers Hauswirts sein Neffe, diente bei der Schiffsjungenabteilung in Friedrichsort bei Kiel und wie er auf Urlaub kam, faßte ich den Gedanken, ebenfalls zur Marine zu gehen.

Da ich aber über 17 Jahre alt war, konnte ich nur als 4jährig Freiwilliger ankommen. Mutter und Vormund hatten nichts dagegen und so meldete ich mich auf dem Bezirkskommando. Dasselbe schickte mich nach dem hiesigen Lazareth, da hier eine Garnison lag, zur ärztlichen Untersuchung. Ein Assistenzarzt untersuchte mich und als ich, wieder draußen angekommen, das Ergebniß las, hätte ich am liebsten heulen wollen. Ich las folgendes: Plattfüße, X-Beine, Anlagen zum Leistenbruch, schwache Brust, vollständig unbrauchbar zum Militärdienst. Als mein Vormund das Attest las, sagte er: Junge, da bist Du ja der reine Krüppel, das können wir so nicht hingehen lassen. Mein Vormund, welcher Baumeister war, 1866 und 1870/71 als Feldwebel bei den Königsgrenadieren mitgemacht hatte, bestellte mich des nächsten Tages zu einem Privatarzt und ließ mich untersuchen und um ganz sicher zu gehen, noch von einem zweiten Arzt, besonders auf die angeführten Mängel, beide Ärzte konstatierten, daß ich im Verhältnis zu meinem Alter, vollständig gesund war. Da jedoch die Ärzte kein Attest für Militäir ausstellen konnten, fuhr am nächsten Sonntag der Vormund mit mir nach Liegnitz, wo er mit dem dortigen Oberstabsarzt bekannt war und trug Ihm das Anliegen betreffend meiner, vor. Derselbe war auch sofort bereit und untersuchte mich gründlich, was auch zu meinen Gunsten ausfiel, da ich jedoch nicht zu seinem Bereich gehörte und es auch Sonntag war, mußte das Attest, sowie Untersuchung bezahlt werden, diese Unkosten trug mein Vormund, welcher auch sonst gegen mich und meine Geschwister wie ein Vater handelte.

Ein guter Freund, welcher Schreiber in Bezirkskommando war, machte mir das nötige Schreiben und nach Einsenden meiner Papiere an das Kommando der 2ten Matrosendivision in Wilhelmshafen, was im November geschah, erhielt ich Ende Januar 1878 von dort die Ordre, mich am 2. Febr. daselbst einzufinden. Auf diese Ordre erhielt ich vom hiesigen Bezirkskommando einen Schein, auf welchen ich Militairbillett fahren konnte. Da ich in meinem Beruf als Tischler ausgelernt hatte, so lag nichts im Wege, jederzeit abzureisen.

2. Kommandantur in Wilhelmshafen

Am 2. Febr. meldete ich mich auf der Kommandantur in Wilhelmshafen, es war vormittags als ich daselbst ankam und brachte mich eine Ordonanz nach der damaligen, sogenannten, Seeartillerie- oder kleinen Kaserne, in welcher, zu der Zeit, die 4. Abteilung, bestehend aus 2 Kompagnien, lag. In dieser Abteilung dienten sämtliche Freiwilligen. Die Ordonanz übergab mich an den Feldwebel der 2.tn Comp. Eine Überraschung hatte ich, als der Feldwebel mit mir die Zimmer absuchte, wo noch ein Bett frei wäre, denn bei einem Zimmer, anstatt die Thüre aufzumachen, hob derselbe ein Bein und war im Zimmer verschwunden, verblüfft trat ich ja näher und sah, daß die Tür zu war und verschlossen. Es war eine drei Füllungsthür, jedoch die größere mittlere Füllung fehlte, was auch bei der nächsten Stube der Fall war, auf eine dieser Stuben war ein Bett frei und habe daselbst drei Monate verbracht. Nun kam ich auch dahinter, was das mit der Füllung zu bedeuten hatte. Auf diesen beiden Stuben lagen je 15 Mann, lauter Leute, welche 3 - 5 Jahre Dienstzeit hinter sich hatten, welche verschiedene davon schon Unteroffiziere gewesen waren, aber durch Leichtsinn, hauptsächlich durch Kleider verkaufen oder Urlaubsüberschreitungen wieder degradiert worden waren, sie waren meist aus der Schiffsjungen-Abteilung hervorgegangen und 23 - 25 Jahre alt, ihre Fehler waren jugendlicher Leichsinn, der Feldwebel hatte bei diesen Leuten nicht viel Respekt, ließ dieselben auch ruhig gewähren. Ihre Spinde waren leer, wegen des Verkaufens hatte man Ihnen die Kleider abgenommen, und wurden auf der Kammer aufbewahrt, sie hatten nur was sie am Leibe trugen, wenn Wechsel von Kleidung war, mußten sie sich unter Aufsicht auf der Kammer umziehen, das abgelegte kam wieder in Verwahrung. Das Verkaufen von Kleidung war ja verboten und wurde bis zu 7 Tage strengen Arrest bestraft, aber es war zu der Zeit wie eine Krankheit und die Gelegenheit war günstig, an der Hafenerweiterung arbeiteten 2 - 3 Tausend Arbeiter, von uns mit dem Spottnamen Schlick-Monarchen genannt, welche diese Kleidung kauften, Hosen, Schuhzeug, Unterzeug und Peajäcket (Überzieher) waren das begehrteste, wie oft haben welche Schuhe und Jäcket verkauft, sogar die Hosen vom Leibe und sind in Unterhosen und Strümpfen in die Kaserne gekommen, Ich kann es mir nicht erklären, wie es hat so lange Zeit gut gehen können, aber eines Tages es war im April, kam die Sache zum klappen, der Stationskommandant Kpt.z.See Kühne hatte über diese Zustände gehört, und da es in der 4. Abteilung am schlimmsten war, gab es eines Morgens Alarm in der Kaserne, alles auf dem Hofe angetreten und da bekam hauptsächlich die 2. Comp. ein heiliges Donnerwetter, wir bekamen auch im Ltnt: Wallis einen anderen Kompanie Chef mit der Ermahnung, uns von Morgens bis Abends so exerzieren zu lassen, daß wir keine Lust mehr hätten, Abends aus der Kaserne zu gehen. Ltnt: Wallis war zwar ein strenger, aber gerechter Offizier, er nahm uns voll uns ganz beim Exerzieren, sein Kommando war gut, man hörte ihn nicht schimpfen noch fluchen, auch piesakte er uns nicht. Nach vier Wochen äußerst strammen Dienst, hatte die 2. Comp. Vorstellung vor Kpt.z.See Kühne, derselbe war mit uns zufrieden, mit der Ermahnung uns auch weiter gut zu führen. Wir bekamen einen freien Tag. Im Laufe meiner Erzählung werde ich noch mehreres berichten, wie es in der Kompanie aussah, als ich in dieselbe eintrat.

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